Die Deutsche Bundesliga startet nach der Winterpause wieder. Die SG Solingen spielte zu Hause gegen Katernberg und Dortmund. Im Jänner spielte ich zwar nur eine Partie in der Wiener Betriebsliga, doch war es ein intensiver Trainingsmonat. Nach so langer Spielpause juckte es mir schon in den Fingern und ich freute mich bereits auf die Partien.
Am Samstag spielte ich gegen GM Andrei Volokitin (2642). Insgesamt war das schon unsere siebte Partie gegeneinander. In sechs davon spielte ich mit Schwarz und immer stand die Spanische Eröffnung auf dem Brett. Diesmal wählte ich die Berliner Verteidigung und nach wenigen Zügen entstand das typische Berliner Endspiel.
Bald opferte GM Volokitin einen Bauern, den ich mir gleich schnappte. Es entstand eine ausgeglichene Stellung, in der Weiß zwar Kompensation für den Bauern hatte, jedoch nicht mehr. Doch dann erspähte ich eine Möglichkeit, in Vorteil zu kommen und zog 26...e4, unterschätzte jedoch die Antwort 27.Sa5. Verunsichert machte ich gleich noch zwei Fehler und musste auf einmal ein Endspiel mit Minusbauern verteidigen.
Nach der ersten Zeitkontrolle entstand eine Stellung, in der Volokitin die Möglichkeit hatte, zwischen einem Turm- oder einem Bauernendspiel, das in weiterer Folge in ein Damenendspiel mündet, zu wählen. Nach 35 minütigem Nachdenken entschied er sich für das Bauernendspiel.
(25) Volokitin,A (2642) - Ragger,M (2651) [C67]
Bundesliga (8), 31.01.2015
41...Tb2! [Die beste Chance für Schwarz. Objektiv stellt dieser Zug den Weißen vor die meisten Probleme, zusätzlich gibt er Weiß eine Auswahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten und somit auch die Chance fehl zu greifen.]
42.b4 [42.h4! Txb3 43.h5 Ta3 44.h6 Ta8 45.g4 Th8 (45...b4 46.Tg7 b3 47.Tb7+–) 46.Th5 b4 47.g5 b3 48.g6 b2 49.g7! b1D 50.gxh8D++–]
42...Txb4 43.Tg4+ Kc3 44.Txb4 Kxb4 45.f4! [Der richtige Bauer zieht nach vorne. Wenn Schwarz jetzt mit dem c-Bauern los stürmt, zieht Weiß mit Schach auf f8 ein und gewinnt leicht.]
[45.h4 c5 46.h5 c4 47.h6 c3 48.h7 c2 49.h8D c1D mit guten Remischancen für Schwarz wegen des weit vorgerückten Freibauern.]
45...Kc4! [45...Kc5 Es sieht auf den ersten Blick natürlicher aus im Quadrat zu bleiben, doch verliert dieser Zug, weil Weiß ebenso ins Quadrat läuft. 46.Kf3 b4 47.Ke3 Kd6 48.Kd4 c5+ 49.Kc4 Ke7 50.f5 Weiß gewinnt leicht, da ein König zwar zwei Bauern aufhalten kann, gegen drei hingegen machtlos ist. 50...Kf6 51.g4 Kg5 52.h4+ Kh6 53.g5+ Kh7 54.h5 Kg7 55.f6+ Kf7 56.h6 Kg6 57.Kb3+–]
46.f5! [46.Kf3 Der Versuch ins Quadrat zu laufen, scheitert und kann sogar für Weiß gefährlich werden. 46...b4 47.Ke2 Kc3 48.f5 (48.Kd1?? b3 49.Kc1 b2+ 50.Kb1 Kb3 51.f5 c5 52.f6 c4 53.f7 c3 54.f8D c2#) 48...b3 49.f6 b2 50.f7 b1D 51.f8D Dd3+ 52.Kf2 Dd4+ 53.Kf3 c5=]
46...b4 47.f6 b3 48.f7 b2 49.f8D b1D 50.Df1+? [Das ist die Pointe, die Weiß seit 42.b4 im Auge hatte.]
[50.Df7+ Kd4 51.Df6+ Kd5 52.Df3+ Kd6 53.h4 Dc2+ 54.Kh3 c5 55.h5+– und Weiß sollte gewinnen, obwohl es noch ein langer Weg ist.]
50...Dxf1+ 51.Kxf1 c5 52.g4! [Der Trick wiederholt sich. Wenn Schwarz jetzt den natürlichen Zug b3 spielt, zieht der g-Bauer mit Schach ein.]
[52.h4 Kb3 53.h5 c4 54.h6 c3 55.h7 c2 56.h8D c1D+ 57.Kg2 Dc2+ 58.Kh3 Df5+ 59.Kh4 De4+ 60.Kg5 De3+ 61.Kg4 De4+=]
52...Kb4! [52...Kb3?? 53.g5 c4 54.g6 c3 55.g7 c2 56.g8D++–]
53.Ke2 Ka3! [Schwarz darf das Feld b3 nicht betreten und muss gleichzeitig verhindern, dass der weiße König vor den c-Bauern gelangt.]
54.g5 [54.Kd3 Kb3 Jetzt ist b3 möglich, da Schwarz mit c4+ ein Tempo gewinnt.]
54...c4 55.g6 c3 56.g7 [56.Kd3 Kb2 57.g7 c2 58.g8D c1D=]
56...c2 57.g8D c1D 58.Df8+ [Das Damenendspiel ist objektiv Remis, aber Schwarz muss sehr genau agieren.]
58...Ka4 59.De8+ Ka5 60.Dd8+ Kb5 61.h4 Dh1! 62.De8+ Kc5 63.Df8+ Kc4 64.Dg8+ Kc5 65.Dg4 Kd6 66.h5 Ke7 67.Dg7+ Ke8 68.h6 [Der h-Bauer ist bedrohlich weit vorgerückt, doch kann Schwarz jetzt ungehindert Dauerschach geben. ]
68...De4+ 69.Kf2 Df4+ 70.Kg2 De4+ 71.Kf2 Df4+ 72.Ke2 De4+ 73.Kd2 Dd5+ 74.Ke3 De6+ 75.Kf4 Df7+ 76.Kg5 Dxg7+ 77.hxg7 Kf7 78.Kh6 Kg8 79.Kg6
½–½
Mit diesem wichtigen Remis nach über 6 Stunden Spielzeit konnte ich das 4:4 und einen Mannschaftspunkt retten.
Am Sonntag spielte ich gegen den starken IM Thomas Henrichs (2472). In einer holländischen Eröffnung spielte ich gleich recht aggressiv gegen den schwarzen König. Mit einem positionellen Qualitätsopfer konnte Schwarz die Initiative an sich reißen. Die entstehende Stellung ist sehr schwer einzuschätzen und auch der Computer ist in der Analyse dabei keine große Hilfe. Mein Gefühl sagt mir, dass die schwarze Stellung besser ist.
Doch dann wollte mein Gegner zu schön spielen. Mit den Zügen 22...c4 23...c5 24...Lc6 gab er mir Zeit, meine Stellung zu konsolidieren. Stattdessen sollte er danach streben, den Zug f4 durchzusetzen.
Im Endspiel opferte Schwarz noch eine weitere Qualität und es entstand eine unkonventionelle Stellung, die sich im dynamischen Gleichgewicht befand. Als sich mir die Chance bot ebenfalls eine Qualität zu opfern, ließ ich mich dann nicht zweimal bitten.
Jetzt hatte ich eine Stellung erreicht mit dem klassischen Spiel auf zwei Resultate. Schwarz hatte gute Remischancen, doch nach 44...Le4 hatte ich eine Gewinnstellung. Die letzte Feinheit war das Abwarte-Manöver 46.Te1 47.Te2 48.Te1 um Schwarz in Zugzwang zu bringen.
Der resultierende 5:3 Erfolg bringt die SG Solingen nun auf den guten 5.Platz.